Ein wichtiger Markt in der Region
Die Wirtschaft der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) ist im Aufwind. Sie wird 2024 ein robustes Wachstum aufweisen, mit einem prognostizierten Anstieg um 4,0 Prozent für 2024 und 5,1 Prozent für 2025 – angetrieben durch einen erwarteten Anstieg der Ölproduktion und einen Zuwachs in anderen starken Wirtschaftssektoren. Inmitten der weltweiten wirtschaftlichen Verunsicherung sind die VAE in der Region des Golf-Kooperationsrats (GKR) weiterhin führend und profitieren von strategischen Diversifizierungsbemühungen mit erheblichen Investitionen in Tourismus und industrielle Kapazitäten. Die Automobilwirtschaft spielt dabei eine bedeutende Rolle – neben Katar und Kuwait haben die VAE eine der höchsten Autobesitzquoten der Region: In dem 10,6 Millionen Einwohner zählenden, urban geprägten Land fahren aktuell 3,5 Millionen Autos auf den Straßen, 1,8 Millionen davon allein in der Hightech-Metropole Dubai. Die Bevölkerung verfügt bei einem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von 52.000 US-Dollar über eine hohe Kaufkraft, die etwa der von Deutschland entspricht. Japanische Hersteller dominieren den Fahrzeugmarkt der Mittelklasse. Im Premiumsegment werden besonders SUVs und Limousinen nachgefragt. Aufgrund staatlicher Initiativen zur Förderung von nachhaltiger Mobilität gewinnen auch Hybrid- und Elektrofahrzeuge an Bedeutung.
Zahl der Neuzulassungen steigt
Auch in den VAE zeigte die Entwicklung des Automarkts unter dem Eindruck der Coronapandemie eine Schwächephase. Mittlerweile erholt sich der Markt jedoch und weist ein robustes Wachstum auf. So nimmt die Zahl der Neuzulassungen seit 2021 stetig zu. 2023 übertraf sie mit fast 260.000 Neuankömmlingen im Verkehr die Werte der Neueintragungen in der Zeit vor Corona und lässt die Krise damit endgültig hinter sich. Die insgesamt positive wirtschaftliche Entwicklung der VAE sowie Steuererleichterungen stärken den Verkauf von Neufahrzeugen. Nicht zuletzt wuchs der Markt im Bereich der Luxus- und Elektroautos.
In den VAE besonders beliebt sind die Marken Toyota, Nissan und Mitsubishi. Gemeinsam erzielten sie 2023 einen Marktanteil von 50 Prozent. Gerade die japanischen Modelle überzeugen durch vergleichsweise günstige Neuwagenpreise, Serviceleistungen und zuverlässige Ersatzteillieferungen. Auffällig ist eine hohe Nachfrage im SUV- sowie Luxusmarkensegment, die mehr als die Hälfte aller Neuwagenkäufe ausmacht. Obwohl die geländefähigen Autos vorwiegend in den urbanen Zentren des Landes gefahren werden, vermitteln sie den Käufern das Gefühl, bei Bedarf auch sicher und komfortabel über Wüstenpisten fahren zu können.
„Es gibt drei Hauptgründe für die Beliebtheit der japanischen Autohersteller: Erstens sind die Gesamtbetriebskosten dieser Fahrzeuge im Vergleich zu anderen Marken viel geringer, zweitens sind Ersatzteile zu einem vernünftigen Preis leicht erhältlich und drittens haben japanische Marken im Laufe der Zeit das Vertrauen der Kunden als zuverlässige Fahrzeuge gewonnen. Allerdings sind derzeit aufgrund des schnellen Markteintritts chinesischer OEMs einige Verschiebungen auf dem Markt zu beobachten; bisher sind nur europäische und amerikanische Marken betroffen. In den kommenden Jahren werden wir sehen, ob die japanischen Modelle ihren großen Vorsprung halten können.“
Stärkstes Wachstum bei SUV- und Luxusmarken
Ford und Land Rover vermeldeten in den VAE in diesem Jahr einen erheblichen Verkaufszuwachs. Dies ist wohl primär auf ihre strategische Anpassung an die Marktlage zurückzuführen: Ford punktet mit SUVs, die für die Wüste ideal sind, und hat seine Verkäufe im laufenden Jahr um 73 Prozent gesteigert. Land Rover steht für Robustheit und Status. So gelang es der britischen Marke, beim Wachstum um 33 Prozent zuzulegen, und Land Rover etablierte sein Defender-Modell unter den Top-Ten-Modellen des Landes. Sowohl Ford als auch Land Rover verstärkten seit 2020 gezielt ihre Marketingstrategie, erweiterten ihr Händlernetzwerk und steigerten die Marktpräsenz.
Die Platzhirsche stammen nach wie vor aus Japan, so wie das seit Jahresbeginn meistverkaufte Modell, der Nissan Sunny. Erschwingliche Preise machen ihn für Privatpersonen wie Flottenbetreiber gleichermaßen attraktiv. Auf den Plätzen zwei und drei folgen der Toyota Hilux und der Nissan Patrol, die insbesondere wegen ihrer hohen Zuverlässigkeit geschätzt werden. Auch deutsche Automarken wie Mercedes-Benz, BMW und Audi erfreuen sich in den VAE großer Beliebtheit und stehen für Luxus, Prestige sowie technische Innovation.
Offenheit für die Elektro-Zukunft
Die Elektro-Automobilität ist in den VAE ein wichtiges Thema: Seit 2017 steigt der Verkauf von E-Autos kontinuierlich, wobei etwa 90 Prozent der Neuanmeldungen auf Dubai entfallen. Der Staat unterstützt die Transformation mit nachhaltigen Verkehrskonzepten, Förderprogrammen und stattet den öffentlichen Fuhrpark mit nachhaltigen Fahrzeugen aus. So sind bereits 20 Prozent aller Regierungsfahrzeuge mit einem elektrischen Antrieb ausgestattet. Bis Ende 2030 sollen 10 Prozent aller Autos auf den Straßen der VAE Elektro- oder Hybridfahrzeuge sein, 50 Prozent bis 2050. Mit kostenlosen Neuanmeldungen, freiem Parken für E-Autos sowie kostenlosen Ladestationen setzt die Regierung Anreize, um das Ziel zu erreichen.
Eine überragende Stellung im E-Auto-Markt der VAE nimmt die Marke Tesla mit über 60 Prozent Marktanteil ein. Dahinter folgen Porsche, Volvo, Mercedes-Benz und Audi. Tesla profitiert hauptsächlich von seiner Vorreiterrolle in diesem Bereich und gilt nach wie vor als Innovationsführer. Die deutschen Autobauer werden oft auch wegen ihres Designs bevorzugt. Zunehmend an Bedeutung gewinnen chinesische Marken, wie Nio, Xpeng und Zeekr, die oftmals strategische Partnerschaften mit lokalen Unternehmen eingehen. Auf diese Weise stärken sie ihre Präsenz. Zudem bauen die chinesischen Hersteller in den VAE Vertriebsnetzwerke mithilfe von Partnerschaften mit Unternehmen wie Ali & Sons und AW Rostamani Holding auf.
Die VAE als globales Innovationslabor
Dubai hat sich zu einem Innovationslabor für die Zukunftsmobilität entwickelt. Die Regierung fördert im Rahmen ihrer Langzeit-Strategie für die Region F&E-Investitionen im Automobilbereich. Die 2004 gegründete Dubai Industrial City (DIC), einer der größten Industrieparks der Region, ist ein Hub für innovative Technologien und nachhaltige Industrieentwicklung, wo sich zukunftsweisende Unternehmen aus den Bereichen Automobile, Logistik, erneuerbare Energien und Smart Cities ansiedeln können. Auch beim Ausbau von öffentlichen Transportsystemen ist die Metropole im Nahen Osten führend: Der Marktanteil des ÖPNV stieg von 6 Prozent (2006) auf 26 Prozent (2022) mit 1,8 Millionen täglichen Nutzern. Zukunftsweisende Investitionen fließen in den Ausbau des 5G-Netzes sowie von Elektrifizierung, Fahrautomatisierung und Carsharing, das von der Gen Z besonders positiv aufgenommen wird. Bis 2030 plant das Emirat, 4.000 autonome Taxis einzusetzen und 25 Prozent der Verkehrsmittel zu automatisieren. Die Dubaier Verkehrsbehörde RTA setzt dabei auf eine Kooperation mit Cruise, einem Tochterunternehmen von General Motors, während in der Hauptstadt Abu Dhabi schon Ende 2024 Robotaxis von Uber und WeRide fahren sollen. Auch der Betrieb von Lufttaxis ist geplant; hier ging die RTA eine Partnerschaft mit dem Unternehmen Joby Aviation ein, das bereits 2025 den Betrieb aufnehmen will.
„Im Einklang mit den globalen Nachhaltigkeitszielen integrieren die VAE Überlegungen zum Klimawandel in ihre Mobilitätspolitik. Dubai ist Marktführer und Innovator in der GCC-Region, wenn es um die Einführung neuer Ideen zur Förderung von Wirtschaft und Tourismus geht. Die Straßen- und Verkehrsbehörde (Roads and Transport Authority, RTA) in Dubai plant die Einführung von autonomen Lufttaxis und selbstfahrenden Polizeifahrzeugen als Teil ihrer Vision für zukünftige Transportlösungen.“
Vishal Pandey, Glasgow Research & Consulting