Autobahnen sind weit mehr als Verkehrsadern: Sie stehen für Freiheit, globale Vernetzung und wirtschaftliche Dynamik. Als Konjunkturindikatoren und Standortfaktoren spiegeln sie zudem die Attraktivität ganzer Regionen wider. Ihre Nutzung durch Millionen Pkws zeigt nicht zuletzt den Grad des individuellen Wohlstands in einem Land.
Der weltweit unangefochtene Autobahnbauer ist China. Seit der politischen Öffnung des Landes zu Beginn der 70er-Jahre verbindet das Reich der Mitte seine Provinzen mit einem Autobahnnetz von mittlerweile 177.000 Kilometern Länge. Und jährlich kommen 8.000 Kilometer hinzu. Zum Vergleich: In Deutschland nahm das Autobahnnetz seit 1995 um 2.000 Kilometer zu. Doch China ist beim Verkehrsausbau nicht nur schnell, sondern auch hochinnovativ. So entstehen bereits „Electric Roads“, Autobahnabschnitte mit kabellosen Ladesystemen für E-Fahrzeuge. Diese werden den Güterverkehr grundlegend verändern, denn sie machen Oberleitungen und schwere Akkus überflüssig. „China hat extrem viele Mittel in den Verkehrsausbau gesteckt und kommt als schnell wachsende Industrienation schneller voran als andere Länder“, sagt Kevin Riehl von der ETH Zürich, der am Institut für Transportation Planning and Systems forscht.
„Neben den USA hat China die technologische Entwicklung von intelligenten Transportsystemen und Mobilitätsdienstleistungen maßgeblich vorangetrieben“, so Riehl weiter. Tatsächlich geben bei den digitalen Verkehrsservices die chinesischen Technologiegiganten Baidu, Alibaba und Tencent den Ton an. Mit ihren Navigationsapps stattet China die heimischen Fahrzeuge aus, um sie zu vernetzen und intelligent zu machen.
„China hat extrem viele Mittel in den Verkehrsausbau gesteckt und kommt als schnell wachsende Industrienation schneller voran als andere Länder.“
Mehr Straßen benötigen mehr Steuerung
Mit rund 79.000 Kilometern sind die USA mit ihrem Interstate- Highway-System das zweitgrößte Autobahnland. Spanien, Deutschland und Frankreich folgten mit 17.600, 13.200 und 11.600 Kilometern. Kanada, Japan, Italien, Mexiko und Südkorea komplettieren die Top Ten. In all diesen Ländern steht die moderne Verkehrssteuerung an erster Stelle, um Staus zu vermeiden. „Eines wissen wir heute, mehr Straßen ziehen mehr Staus nach sich und sind somit keine Lösung. Was wir benötigen, sind intelligente Verkehrssysteme, in denen jedes Fahrzeug zu einem Sensor wird. Die Fahrzeuge tauschen untereinander Informationen aus und können dann besser auf Unfälle, Staus oder starken Verkehr reagieren“, sagt Riehl. Dabei spielen Autobahnen fürs autonome Fahren eine wichtige Rolle: Neben den Innovationen für Fahrzeuge wird die Autobahn durch integrierte Technologien wie Sensoren in den Leitplanken und dem Straßenbelag selbst intelligenter. Hinzu kommen Photovoltaik-Straßenbeläge, welche die Energie für die Straßenbeleuchtung oder Elektrofahrzeuge erzeugen. Aufgrund hoher Investitionskosten sind derzeit aber nur Probeabschnitte damit ausgestattet. Kabelloses Laden ermöglicht die Stromversorgung während der Fahrt. Heizsysteme in der Fahrbahn schmelzen Schnee und Eis, während sich dynamische Fahrbahnmarkierungen an die Verkehrsbedingungen anpassen.
Die intelligente Autobahn
In Deutschland erprobt man Innovationen wie das induktive Laden auf Testgeländen, wie beim Demonstrations-, Untersuchungs- und Referenzareal, kurz: DuraBAst. „Smarte Autobahnen werden nicht nur die Sicherheit erhöhen, sondern auch die Effizienz des Verkehrs steigern und die Umweltbelastung reduzieren. Die Digitalisierung spielt eine zentrale Rolle, etwa durch Echtzeitdatenanalyse und intelligente Verkehrsleitsysteme“, erklärt Prof. Gerd Riegelhuth, Geschäftsbereichsleiter Verkehrsmanagement, Betrieb und Verkehr bei der Autobahn GmbH des Bundes.
Gleichzeitig verweist er darauf, dass man hierzulande in den kommenden Jahren zwar vorwiegend mit der Instandhaltung und Erneuerung maroder Brücken und Autobahnabschnitte beschäftigt sein wird, gleichzeitig aber in die Digitalisierung der Autobahn investieren müsse, um beispielsweise autonomes Fahren zu ermöglichen. Bei über 13.000 Autobahnbrücken eine enorme Herausforderung.
Ohnehin unterliegen gerade deutsche Autobahnen enormen Belastungen, denn als Transitland in der Mitte Europas rollen die meisten Waren hier durch. So verzeichnete Deutschland im Jahr 2023 insgesamt 40 Milliarden Tonnenkilometer Lkw-Verkehr auf seinen Autobahnen. Zu Spitzenzeiten sind gleichzeitig über 1,5 Millionen Schwerlaster auf deutschen Fernstraßen unterwegs.
„Smarte Autobahnen werden nicht nur die Sicherheit erhöhen, sondern auch die Effizienz des Verkehrs steigern und die Umweltbelastung reduzieren. Die Digitalisierung spielt eine zentrale Rolle, etwa durch Echtzeitdatenanalyse und intelligente Verkehrsleitsysteme.“
Singende Straßen und Flüsterbeton
Autofahrer, die über die A12 von Frankfurt an der Oder Richtung Berlin fahren, haben schon die Wirkung von Flüsterbeton erlebt. Seit Jahrzehnten wird daran geforscht und das Material weiter verbessert. Im Auto wird es merklich leiser, denn das Material wurde entwickelt, um den Verkehrslärm zu senken. Um die Aufmerksamkeit von Fahrern auf besonders monotonen Streckenabschnitten aufrechtzuerhalten, gibt es hingegen singende Straßen. Dabei erzeugt die Fahrbahn beim Befahren eine Vibration, die als musikalische Töne über die Räder ins Fahrzeuginnere transportiert wird. Mithilfe von Rillen, Rüttelstreifen oder Markierungsknöpfen werden die Vibrationen erzeugt. Musikalische Straßen finden sich unter anderem in Dänemark, Japan, den USA, China und den Niederlanden. Was teilweise als Spielerei anmutet, sind neue Ideen, um die Herausforderungen des Verkehrs besser in den Griff zu bekommen.
Materialwissenschaftliche Fortschritte bieten hierbei immer neue Ansätze, um den Ressourcenverbrauch und die Umweltbelastung zu reduzieren. Laut Fortune Business Insight betrug der globale Transportbetonmarkt 2023 rund 920 Milliarden US-Dollar. 2032 soll er bereits über 2.000 Milliarden US-Dollar betragen.
Recycelte Materialien wie Asphalt und Beton verringern den Rohstoffbedarf und minimieren Abfall. Hochleistungsbeton und -asphalt bieten eine höhere Festigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen Witterung und Verkehr und sollen 100 Jahre lang stabil bleiben. Selbstheilender Beton „repariert“ Risse unter Einfluss von Sonneneinstrahlung automatisch, während Nanomaterialien wie Nano-Silica die mechanische Festigkeit der Autobahn erhöhen. In Europa und Nordamerika sind recycelte Materialien bereits Standard, während neue Technologien weltweit getestet werden.
Finanzierung und Instandhaltung von Autobahnen
Die Finanzierung von Autobahnen erfolgt zunehmend durch öffentlich-private Partnerschaften Public-private-Partnerships. Diese Modelle beschleunigen die Umsetzung und verbessern die Ressourcennutzung. Mautsysteme sind weitverbreitet, wobei die Kosten je nach Land variieren.
Auch in vielen europäischen Ländern wie in Österreich, der Schweiz oder Polen sind Autobahnen mautpflichtig, während die USA ihr Interstate Highway-System über Steuern finanzieren. Instandhaltungskosten sind ein weiterer wichtiger Faktor: Moderne Materialien und Technologien können langfristig Kosten sparen, erfordern jedoch hohe Anfangsinvestitionen. Weltweit spielen Autobahnen bei der Infrastrukturentwicklung eine wichtige Rolle. Die USA modernisieren ihr Interstate-Highway-System , während Europa auf Nachhaltigkeit und Digitalisierung setzt. In Südostasien vergrößern Länder wie Vietnam und Thailand ihre Autobahnnetze, um Handel und Mobilität zu fördern. Indien baut an einem Tag durchschnittlich 37 Kilometer Autobahn. Das beweist, dass die Entwicklung der Mobilität immer weiter fortgeschrieben wird und noch lange kein Ende abzusehen ist.