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Reihe von Elektroautos beim Laden an öffentlichen Ladestationen

Die CO₂-Flotte

25.11.2025

Obwohl die EU die vollständige Elektrifizierung von Dienstwagenflotten bis 2030 noch nicht verbindlich festgeschrieben hat, treiben viele Unternehmen die Umstellung bereits voran – mit sichtbaren Erfolgen.

Lesedauer: 3 Minuten

Die Elektrifizierung der Mobilität erscheint oft als eine Angelegenheit, bei der es nicht recht weitergeht. Aus Gründen, die schon oft dargestellt wurden: zu hohe Preise, zu gering ausgebaute Ladeinfrastruktur, zu viel Unsicherheit. Die Geschichte von der Elektrifizierung der Dienstwagen hört sich dagegen ganz anders an – und lässt sich mit einer ganzen Liste von Erfolgsmeldungen beginnen.

Zunächst aber mit einem Zitat, das im Frühjahr für viel Aufsehen sorgte, und zunächst in eine andere Richtung deutete – als müsse der politische Druck erhöht werden, um die Treibhausemissionen des Verkehrs schneller zu senken.

Paar lädt gemeinsam Elektroauto an öffentlicher Ladesäule
Foto: RgStudio

 „Elektrofahrzeuge machen bereits 15 Prozent des EU-Absatzes aus. Um diesen Wert zu steigern, müssen wir die Nachfrage ankurbeln“, sagte der griechische EU Kommissar Tzitzikostas auf der Pressekonferenz zum Industrieaktionsplan für die europäische Automobilindustrie und zur Dekarbonisierung von Firmenflotten am 5. März 2025 in Brüssel. „Wir werden daher zunächst Gesetze für Firmenflotten erlassen, die derzeit rund 60 Prozent der EU-Pkw-Zulassungen ausmachen. Sie haben eine höhere Kilometerleistung und kommen schneller auf den Gebrauchtwagenmarkt als Privatfahrzeuge, was sie zu einem wichtigen Marktsegment macht.“

Neben der Androhung weiterer Verordnungen, Regelungen und Quoten beinhaltet das Statement die Analyse, dass eine entschlossene Elektrifizierung im gut finanzierten und infrastrukturell zusammenhängenden Dienstwagen-Markt mit seinem hohen Anteil am Gesamtverkehr, die Emissionen schneller runterbringen kann als im kleinteiligen Pkw-Markt.

„Nach zwei, drei Jahren kommen gewerblich genutzte Autos in den Gebrauchtwagenmarkt. Das bedeutet, was wir heute elektrifizieren, erhöht morgen den Anteil an privaten E-Autos. Das ist ein mächtiger Hebel.“

Marc Oliver Prinzing

Laut Marc Oliver Prinzing, Chef des Bundesverbands für Betriebliche Mobilität (BBM), stammen in Deutschland rund zwei Drittel aller Neuzulassungen aus dem gewerblichen Bereich. „Und nach zwei, drei Jahren kommen diese Autos in den Gebrauchtwagenmarkt. Das bedeutet, was wir heute elektrifizieren, erhöht morgen den Anteil an privaten E-Autos. Das ist ein mächtiger Hebel.“ Nachsatz: „Wir freuen uns, dass das die Politik anerkennt!“

„Bei den Unternehmensfuhrparks, würde ich vorsichtig schätzen, liegen wir bei 60 Prozent oder mehr, die mitten drin sind in der Elektrifizierung oder diese schon abgeschlossen haben“, sagt Marc Oliver Prinzing. „Schauen Sie mal auf unser Mitglied SAP. Die haben einen Plan, die ziehen das durch.“

Elektrifizierung von Dienstwagen Firmenporträts

Frau arbeitet mit Laptop und Unterlagen im Elektroauto während des Ladevorgangs
In längeren Ladepausen nutzen Mitarbeitende das Auto teilweise als mobiles Büro für Mails und Telefonate. Foto: Liquid Sky Studio

SAP

Bis 2030 sollen alle Dienstwagen von SAP elektrisch fahren. Laut Fuhrparkchef Steffen Krautwasser umfasst der deutsche Fuhrpark rund 19.000 Autos, davon knapp 5.000 E-Fahrzeuge. Auswahl und Verfügbarkeit hätten sich verbessert, dennoch fehle es an erschwinglichen Familienmodellen. Reichweite sei kein Problem: „Weit über 95 Prozent unserer aktuellen E-Autonutzer wollen als nächstes Fahrzeug wieder ein rein elektrisches“, berichtet er. Entscheidend für die Akzeptanz sei eine funktionierende Ladeinfrastruktur. SAP betreibt derzeit 1.750 Ladepunkte an 14 Standorten, mittelfristig sollen es 3.700 werden. Eine Säule pro Auto sei nicht nötig – viele Mitarbeitende seien im Homeoffice, würden unterwegs laden oder nur einmal pro Woche.

Brother

Die in Japan gegründete Elektronik-Gruppe Brother will ihre CO₂-Emissionen bis 2030 um 65 Prozent senken und stellt die Pkw-Flotte vollständig um. Entscheidend sei das Laden über Nacht zu Hause und der Zugang zu universellen Ladekarten. Account Manager Carsten Mengel nimmt längere Fahrzeiten gelassen: In der Zeit, in der das Auto lädt, nutzt er es als mobiles Büro für Mails und Telefonate.

EnBW

Der Stromanbieter EnBW setzte früh auf Elektrifizierung: Bereits 2021 waren rund 30 Prozent der Flotte vollelektrisch und 5 Prozent Plug-in-Hybride. Teamleiter Norman Scheck treibt die Umstellung von 2.500 Pkw und 1.600 leichten Nutzfahrzeugen voran und begleitet das Projekt „Wege zur elektrischen und nachhaltigen Unternehmensmobilität“. Die Pkw-Flotte ist inzwischen weitgehend umgestellt, bei Nutzfahrzeugen besteht noch Nachholbedarf.

R+V Versicherung

Bei der R+V Versicherung sind ca. 900 Dienstwagen im Einsatz, 73 Prozent der Flotte sind bereits batterieelektrisch unterwegs. Neue Fahrzeuge dürfen nur noch elektrisch bestellt werden, berichtet Fuhrparkleiter Hannes Davieds. Eine vollständige Elektrifizierung bis 2028 hält er für realistisch: Reichweitenangst sei unbegründet, wenn man Ladepausen und Strecken richtig plane. Viele Nutzer seien überrascht, „wie problemlos alles funktioniert“.

Telekom

Auch die Telekom treibt die Elektrifizierung ihrer rund 19.000 Dienstwagen voran. 2021 startete sie mit einem Pilotprojekt aus 50 E-Autos und 25 Plug-in-Hybriden – die Nachfrage war groß. Seither läuft die Umstellung schrittweise, bis 2030 soll sie abgeschlossen sein. Entscheidend sei laut Umweltmanager Norbert Wikowsky der einfache Zugang zu Ladeinfrastruktur, weshalb die Telekom früh auf einen europaweit nutzbaren Ladeanbieter setzte.

Michael Hopp

Text: Michael Hopp

Head of Content bei der Gateway-Redaktion und absoluter Pionier beim Erkennen von Automotive Trends

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