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Folge #11

E-Fuels oder Elektro? Die Richtungsfrage im Pkw-Verkehr der Zukunft

26.06.2025

Wenn Sie heute an einer Tankstelle vorbeifahren, sehen Sie fast ausschließlich Verbrennerautos. Viele davon werden auch in zehn Jahren noch auf unseren Straßen unterwegs sein. Der Gedanke liegt nahe: Warum also nicht einen Kraftstoff entwickeln, der klimafreundlich ist – und in bestehende Motoren passt? Genau das versprechen sogenannte E-Fuels.

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Herausgeber von Elektroauto-news.net

Bringt in fünf Minuten auf den Punkt, was man diese Woche rund um E-Autos & Co. wissen muss.

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E-Fuels, auch synthetische Kraftstoffe genannt, werden aus Wasserstoff und CO₂ hergestellt. Der Wasserstoff entsteht durch Elektrolyse mit Strom – idealerweise aus erneuerbaren Quellen. Aus der Kombination mit Kohlendioxid entsteht dann ein flüssiger Kraftstoff, der sich wie Benzin oder Diesel tanken lässt. Kein Umbau am Motor, kein Austausch der Infrastruktur. Klingt nach einer bequemen Lösung.

Doch beim genaueren Hinsehen zeigt sich: Für den Pkw-Bereich sind E-Fuels kaum eine sinnvolle Option. Der Grund liegt vor allem in der Effizienz. Während ein Elektroauto den eingesetzten Strom direkt nutzt, müssen E-Fuels erst aufwendig produziert, transportiert und wieder verbrannt werden. Am Ende bleibt nur ein Bruchteil der ursprünglichen Energie übrig. Experten sprechen davon, dass ein E-Fuel-Auto etwa fünfmal mehr Strom verbraucht als ein vergleichbares Elektroauto – für die gleiche Strecke. Dieser Energieverlust hat Folgen. Denn wenn wir ernsthaft über Klimaschutz sprechen, geht es nicht nur darum, emissionsfreie Lösungen zu finden – sondern auch um den besten Einsatz von Ressourcen. 

Fünfmal mehr Energie bedeutet fünfmal mehr Windräder, fünfmal mehr Fläche für Solaranlagen, fünfmal mehr Kosten. Und all das – nur um weiterhin mit Verbrennungsmotoren fahren zu können. Auch beim Preis zeigt sich die Schieflage. Schon heute ist Strom als Antriebsquelle deutlich günstiger als synthetische Kraftstoffe. Und auch in Zukunft wird sich daran wenig ändern. Denn selbst wenn E-Fuels in großem Stil produziert werden könnten – was derzeit noch nicht der Fall ist – bleiben die Herstellungskosten hoch. Aktuelle Prognosen gehen davon aus, dass E-Fuels pro Kilometer drei- bis viermal teurer sind als Strom für ein Elektroauto. Ein weiteres Problem ist die Verfügbarkeit. Während die Zahl der Elektroautos in Europa rasant wächst und immer mehr Ladestationen entstehen, gibt es bei E-Fuels kaum nennenswerte Produktionsmengen. 

Pilotanlagen in Chile oder Norwegen erzeugen jährlich Mengen, die nicht einmal ausreichen würden, um eine mittelgroße Stadt mit Kraftstoff zu versorgen. Bis daraus eine echte Versorgungsstruktur entsteht, vergehen Jahre – Zeit, die wir beim Klimaschutz nicht haben. Auch die Umweltbilanz ist ernüchternd. Zwar können E-Fuels theoretisch CO₂-neutral sein – doch nur, wenn sie mit hundert Prozent grünem Strom hergestellt werden. In der Praxis sieht das oft anders aus. Und selbst bei optimaler Herstellung entstehen beim Verbrennen im Motor weiterhin Schadstoffe: Stickoxide, Feinstaub, Partikel. All das belastet die Luft – besonders in Städten, wo saubere Mobilität am dringendsten gebraucht wird.

Das bedeutet nicht, dass E-Fuels generell überflüssig wären. In Bereichen wie der Luftfahrt, der Schifffahrt oder auch im Schwerlastverkehr gibt es heute kaum Alternativen zur direkten Elektrifizierung. Hier könnten synthetische Kraftstoffe tatsächlich eine wichtige Rolle spielen. Aber im Pkw-Bereich? Da ist das Rennen längst entschieden.

Elektroautos sind inzwischen alltagstauglich, die Ladeinfrastruktur wächst, und die Batterietechnologie entwickelt sich schnell weiter. Die Betriebskosten sind niedrig, die CO₂-Bilanz deutlich besser, und der Fahrkomfort überzeugt viele, die einmal umgestiegen sind. Vor allem aber: Die Technologie ist skalierbar – sie funktioniert heute, nicht erst in zehn Jahren. Deshalb sprechen sich auch zahlreiche Wissenschaftler, Umweltorganisationen und mittlerweile auch viele Autohersteller klar für die Elektromobilität aus. E-Fuels mögen als Ergänzung sinnvoll sein – doch als Hauptlösung für den Pkw sind sie schlicht zu ineffizient, zu teuer und zu spät dran.

Am Ende geht es nicht um Ideologie, sondern um Wirkung. Und die ist bei der Batterie schlicht größer. Wer wirklich klimafreundlich unterwegs sein will, setzt auf Strom statt auf synthetischen Sprit. Alles andere wäre ein Umweg – mit hohem Energieverlust. Und den können wir uns nicht mehr leisten.

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