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Folge #12

Investitionsbooster soll E-Mobilität ankurbeln

16.07.2025

Wenn von der deutschen Wirtschaft die Rede ist, führt kaum ein Weg an der Automobilindustrie vorbei. Sie gilt als Rückgrat des industriellen Wohlstands: Millionen Arbeitsplätze, ein gigantischer Anteil an Forschung und Entwicklung – und eine enorme Bedeutung für den Export.

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Herausgeber von Elektroauto-news.net

Bringt in fünf Minuten auf den Punkt, was man diese Woche rund um E-Autos & Co. wissen muss.

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Der Übergang vom Verbrenner zum Elektroauto betrifft deshalb nicht nur Autokäufer, sondern die gesamte Gesellschaft. Wer hier zögert, riskiert viel. Denn andere Regionen wie China oder die USA investieren massiv in die Elektromobilität. Deutschland kann es sich schlicht nicht leisten, den Anschluss zu verlieren.

Nach dem abrupten Ende des Umweltbonus Ende 2023 kühlte sich der Markt für Elektroautos deutlich ab. Die Zulassungszahlen stagnierten, viele potenzielle Käufer zögerten. Vor allem im gewerblichen Bereich war das zu spüren – dabei ist gerade dort das Potenzial groß. 

Der Bundesrat hat deshalb Anfang Juli einem Investitionsbooster zugestimmt, mit dem Unternehmen gezielt beim Umstieg unterstützt werden sollen. Im Bereich der Elektromobilität sieht dieser vor allem zwei große Maßnahmen, die Flottenkunden adressieren. Zum einen wird eine degressive Abschreibung für elektrisch betriebene Fahrzeuge eingeführt – und zwar nicht nur für Autos, sondern auch für Transporter und andere gewerblich genutzte Fahrzeuge. 

Betriebe, die solche Fahrzeuge zwischen Ende Juni 2025 und Anfang 2028 neu anschaffen, können im ersten Jahr 75 Prozent der Anschaffungskosten steuerlich geltend machen. In den Folgejahren sinkt der Abschreibungssatz schrittweise: auf zehn Prozent im zweiten Jahr, dann fünf, drei und schließlich zwei Prozent. Diese Staffelung soll Investitionen beschleunigen und den Umstieg wirtschaftlich attraktiver machen.

Zum anderen wird die sogenannte 0,25-Prozent-Regelung für elektrische Dienstwagen ausgeweitet. Bisher galt sie nur für Modelle mit einem Bruttolistenpreis von maximal 75.000 Euro. Künftig liegt die Grenze bei 100.000 Euro. Das bedeutet: Mehr Elektroautos fallen in den günstigeren Steuersatz – Dienstwagennutzer müssen dann nur ein Viertel des Bruttolistenpreises als geldwerten Vorteil versteuern, wenn sie das Auto auch privat nutzen. Erst ab 100.000 Euro gilt wieder der volle Ein-Prozent-Satz. Gerade im gehobenen Dienstwagen-Segment wird das die Attraktivität von E-Modellen deutlich erhöhen.

Der Investitionsbooster umfasst jedoch mehr als nur Elektromobilität. Auch andere Investitionen in bewegliche Wirtschaftsgüter, also Maschinen, Produktionsmittel oder Fuhrparks, profitieren. Für sie wird eine Sonderabschreibung in Höhe von 30 Prozent eingeführt. Hinzu kommt eine schrittweise Absenkung der Körperschaftsteuer, die aktuell bei 15 Prozent liegt. Diese steuerliche Entlastung soll dafür sorgen, dass Unternehmen nach einer größeren Anschaffung schneller wieder Mittel für weitere Investitionen zur Verfügung haben. Es geht also nicht nur um Einzelmaßnahmen, sondern um einen breiten wirtschaftlichen Impuls. Doch trotz dieser Initiativen gibt es auch Kritik. Viele Branchenverbände und Marktbeobachter weisen darauf hin, dass die privaten Autokäufer bislang weitgehend leer ausgehen. 

Zwar ist ein sogenanntes „Social Leasing“ geplant, das gezielt Haushalte mit geringerem Einkommen unterstützen soll. Doch konkrete Programme oder verbindliche Förderrichtlinien fehlen noch. Dabei wäre es gerade im Privatmarkt wichtig, wieder Vertrauen und Kaufbereitschaft aufzubauen. Ohne klare Signale droht der Absatz von E-Autos weiter zu stagnieren. Zusätzlich sorgen widersprüchliche Diskussionen auf EU-Ebene für Unsicherheit. Kommt das Verbrenner-Aus tatsächlich 2035? Oder wird es – wie für gewerbliche Flotten aktuell diskutiert – sogar auf 2030 vorgezogen? Diese Unklarheit bremst nicht nur Investitionen, sondern auch die Modellplanung der Hersteller. Denn ohne klare Zielmarken lässt sich weder produzieren noch verkaufen.

Gleichzeitig wächst der internationale Druck. In den USA schafft der Inflation Reduction Act massive Anreize für grüne Technologien. Wobei dieser aktuell unter Trump auch entsprechend schwankt. China setzt längst konsequent auf Elektromobilität – mit staatlicher Unterstützung und strategischem Nachdruck. Wenn Deutschland mithalten will, reicht Symbolpolitik nicht mehr aus. Es braucht eine verbindliche Förderstrategie, die alle Marktsegmente einschließt – und sowohl privaten als auch gewerblichen Nutzern eine verlässliche Perspektive bietet.

Denn am Ende geht es nicht nur um Technik. Es geht um Arbeitsplätze, industrielle Wertschöpfung – und die Frage, ob Deutschland im 21. Jahrhundert weiter Automobilland bleibt. Der Investitionsbooster ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber er kann nur wirken, wenn er Teil einer größeren, konsistenten Strategie wird. Für sich alleine droht er zu verpuffen. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die Politik den Mut hat, diese Strategie auch umzusetzen.

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