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Aus Sicht der Automobilindustrie – und aus meiner persönlichen Perspektive – braucht es jetzt vor allem eines: Verlässliche Rahmenbedingungen. Unternehmen müssen heute wissen, worauf sie sich in zwei, fünf oder zehn Jahren einstellen können. Investitionsentscheidungen hängen davon ab, wie konstant und berechenbar die politische Linie ist. Symbolpolitik oder kurzfristige Maßnahmen helfen dabei nicht weiter. Was gebraucht wird, sind durchdachte, langfristige Leitplanken.
Der Umstieg auf Elektromobilität verläuft in Deutschland bislang schleppend. Die Zulassungszahlen stagnieren, das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher ist angekratzt. Gleichzeitig sorgt die politische Kommunikation eher für Unsicherheit als für Orientierung. Union und SPD haben sich deshalb auf den Weg gemacht, ein gemeinsames Konzept zu entwickeln, das vor allem auf Anreize statt auf Verpflichtungen setzt.
Eine gesetzlich vorgeschriebene Elektroauto-Quote wird es demnach ebenso wenig geben wie neue Strafzahlungen auf EU-Ebene. Stattdessen will man über Förderungen und steuerliche Erleichterungen Anreize schaffen, um den Umstieg attraktiver zu machen. Doch wie so oft in der Koalitionsarbeit steckt der Teufel im Detail.
Während die SPD am EU-Beschluss festhält, ab 2035 nur noch emissionsfreie Autos zuzulassen, plädiert die Union dafür, dieses sogenannte Verbrenner-Aus noch einmal zu überdenken. Dahinter stehen unterschiedliche Vorstellungen vom Technologiepfad: Die einen setzen klar auf Elektromobilität, die anderen wollen auch synthetische Kraftstoffe im Rennen halten.
Immerhin besteht Einigkeit bei der steuerlichen Förderung von E-Autos, insbesondere im Dienstwagenbereich. Höhere Preisgrenzen für die Förderung und eine Sonderabschreibung sollen Unternehmen motivieren, ihre Flotten elektrisch zu gestalten – ein wichtiger Hebel, da viele Neuzulassungen über gewerbliche Kanäle erfolgen.
Für Privatpersonen bleibt das Bild uneinheitlich. Die Kfz-Steuerbefreiung für Elektroautos soll bis 2035 bestehen bleiben, auch Plug-in-Hybride und Range-Extender sollen weiterhin gefördert werden – doch es fehlt noch an einer klaren Definition auf europäischer Ebene. Während die SPD ein Sozial-Leasing-Modell für Haushalte mit geringem oder mittlerem Einkommen ins Spiel bringt, bevorzugen CDU und CSU eher Kaufprämien oder steuerliche Vorteile. Innerhalb der Union ist man sich jedoch uneins: Während Markus Söder Prämien unterstützt, lehnt Friedrich Merz sie ab.
Ein Kompromiss könnte in der Anwendung des Paragrafen 35c im Einkommensteuergesetz liegen. Dieser erlaubt es, die Anschaffungskosten eines Elektroautos über mehrere Jahre steuerlich abzusetzen – ähnlich wie bei der energetischen Gebäudesanierung. Ein sachlicher, vielleicht etwas trockener Ansatz – aber einer, der vielen Menschen entgegenkommen würde.
Auch die Ladeinfrastruktur soll gezielt ausgebaut werden. Besonders der gewerbliche Bereich steht dabei im Fokus: Unternehmen, die ihre Flotten über Nacht laden, sollen künftig entlastet werden. Öffentliche Ladesäulen für Pkw und Lkw sollen schneller entstehen, der Aufbau von Wasserstofftankstellen für Nutzfahrzeuge wird ebenfalls unterstützt. Ein weiterer Vorschlag: Tankstellen sollen künftig verpflichtet werden, Schnellladesäulen bereitzustellen – ein Schritt, der die Alltagstauglichkeit der Elektromobilität deutlich erhöhen könnte.
Allerdings ergibt sich aus den vielen Einzelmaßnahmen bislang kein klares Gesamtbild. Es fehlt weiterhin an einem übergeordneten Konzept, das die zahlreichen Puzzleteile zu einer stimmigen Strategie zusammenfügt. Und manche Konflikte – etwa beim Thema Tempolimit – wirken nach wie vor festgefahren.
Trotz aller Unschärfen lässt sich eines sagen: Der Wille zur Veränderung ist da. Die Bundesregierung scheint erkannt zu haben, dass die Transformation hin zur Elektromobilität aktiv gestaltet werden muss. Entscheidend wird sein, ob sie den Mut aufbringt, eine verlässliche und nachvollziehbare Richtung vorzugeben – und diese auch langfristig durchzuhalten. Denn eines ist klar: Der richtige Zeitpunkt zum Handeln ist jetzt.